
Auf die Spitze getrieben: „Sveriges Geografiska Mittpunkt“
Ein touristisches „Highlight“ mitten im Nirgendwo. Und schwer zu finden…
Ich bin wieder einmal auf einer meiner vielen Touren in Schweden unterwegs. Da erinnert mich mit lautem Scheppern der Auspuff daran, dass mein Reisefahrzeug doch schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Zur Notreparatur steuere ich das einzige Geschäft an, welches an diesem späten Freitag Nachmittag noch geöffnet hat. Nur treibt mich diese unvorhergesehene Reparatur in Sundsvall weit vom ursprünglich angedachten Kurs ab.
Also das Beste daraus gemacht und daran erinnert, dass ich vor über zwanzig Jahren hier ganz in der Nähe schon einmal im Wald unterwegs war. Damals, um den Geografischen Mittelpunkt Schwedens zu finden. Außer dem interessierte es mich, wie es dort wohl Heute aussehen würde.
Erinnerungen…
Seinerzeit war „Sveriges Geografiska Mittpunkt“, wie es korrekt heißen muss, ein Aussichtspunkt auf einem baumbewachsenen Hügel. Eine hölzerne Treppe führte hinauf zu einem hölzernen Steg. Als Highlight gab es einen ebenfalls hölzernen Aussichtsturm. Und ein pyramidenförmiges Dreieck auf dem Boden, welches dem Besucher anzeigte: Hier ist „Sveriges Geografiska Mittpunkt“.
Von Sundsvall aus fahre ich zunächst etwa sechzig Kilometer auf der E14 In Richtung Östersund, bis das Dorf Torpshammar am Ufer des Flusses Ljungan erreicht ist. Dort gibt es den ersten Hinweis, welchen Weg man Richtung „Sveriges Geografiska Mittpunkt“ einzuschlagen hat. Der Ljungan wird überquert und ich folge einer asphaltierten Straße, die mich direkt in die Wälder führt.
Nach weiteren zehn Kilometern geht die Asphaltstraße in eine Schotterstraße über. In Schweden nicht ungewöhnlich. Erst dann, wenn Äste und Gestrüpp weit in die Straße hineinragen und Blumen in der Mitte wachsen, sollte man sich Gedanken machen. Also weiter auf der Straße in Richtung Süden. Der Zustand dieser Straße war allerdings verbesserungswürdig. Und nach weiteren fünf Kilometern kam der Punkt, an dem ich mir dann die ersten Gedanken machte…
Sundsvall und ihr Skvader
Auf dem Rückweg kam mir in den Sinn, dass es in dieser Gegend auch Tiere geben soll wie zum Beispiel den Skvader,

einer Kreuzung aus Hase und Auerhahn. Das schwedische Gegenstück des in Deutschland bekannten Wolpertingers. Das einzig jemals gefangene Exemplar findet man im Freilichtmuseum „Norra Berget“ in Sundsvall. Nur ein Tipp: Fall ihr es einmal besichtigen solltet, schaut sehr genau hin…
Ich erreiche eine Kreuzung und bin mir sehr sicher, die war vorhin noch nicht da. Auch entdecke ich eine hölzerne Tafel am Straßenrand, die wohl einmal ein Hinweisschild war. Nur sind die Zeichen nicht mehr erkennbar. Nach weiteren vier Kilometern auf dieser Straße ist er dann doch erreicht: „Sveriges Geografiska Mittpunkt“.
Stark verändert
Immerhin, der Hügel selbst ist noch da. Sonst erinnert nur noch wenig an den „Mittpunkt“ von Damals. Den Aussichtsturm gibt es nicht mehr. Dafür gibt es ein Café, geöffnet von Mitte Juni bis Mitte August. Ich bin also zu früh hier. Während der Öffnungszeiten soll dieses Café sehr gut besucht sein. Der Hügel selbst ist fast baumlos. Dafür hat man eine grandiose Aussicht. Bei gutem Wetter soll man von dort den Bottnischen Meerbusen sehen können. Auffällig ist auch, dass es sehr große freie Flächen in den umliegenden Wäldern gibt. Diese Flächen sind durch einen Orkan entstanden und nicht durch Abholzung, wie ich zunächst vermutete. Auch das pyramidenförmige Dreieck, welches „Sveriges Geografiska Mittpunkt“ genau anzeigt, ist noch da.
Wie der Mittelpunkt zum Mittelpunkt wurde
Interessant ist die Vorgehensweise, mit der dieser geografische Punkt ermittelt wurde. Man nahm eine zweidimensionale Landkarte, schnitt die Inseln Öland und Gotland aus, klebte sie an die Landmasse an und balancierte den Mittelpunkt mit Hilfe einer Nadel aus, die man unter die Karte hielt. Als die Karte ausbalanciert war, stach man die Nadel durch die Karte. Der Punkt, den die Nadel durchstach, war der 465 Meter hohe „Flataklocken“, exakt der Punkt, an dem man Heute das Dreieck findet.
…und noch ein Mittelpunkt
Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass noch ein zweiter Ort für sich in Anspruch nimmt, „Sveriges Geografiska Mittpunkt“ zu sein. Es ist dies der Ort Ytterhogdal, welcher sehr viel weiter westlich in Schweden liegt. Zur Ermittlung wurde eine gedachte Linie zwischen dem nördlichsten und südlichsten sowie dem westlichsten und östlichsten Punkt Schwedens gezogen. Am Schnittpunkt dieser Linien liegt Ytterhogdal. Das wissen jedoch nur die wenigsten. Vielleicht hätte man hier auch eine Nadel benutzen und Öland und Gotland nur an einer passenden Stelle der Landkarte ankleben sollen.

